Führung Kriegergedächtnis-Kapelle am Tag des offenen Denkmals 2020
Seit nunmehr 90 Jahren gehört die Kriegergedächtnis-Kapelle zu den identitätsstiftenden Bauwerken in Flörsheim am Main. Es bedurfter großer Anstrengungen und Opferbereitschaft der gesamten Bevölkerung, um dieses Denkmal auf freiem Felde entstehen zu lassen. Dies erklärte, Kolpingmitglied Otmar Adelfang den zahlreichen Besuchern bei einer Führung durch die Kapelle, die unweit der Flörsheimer Warte in Mitten von Weinbergen liegt.
Wir schreiben das Jahr 1918. Der 1. Weltkrieg war beendet. Philipp Scheidemann rief vom Balkon des Berliner Reichstages die Republik aus, Kaiser Wilhelm II dankte ab und ging ins Exil nach Doorn in den Niederlanden. Flörsheim wurde französisch besetzt. Zum Gedenken der 104 Gefallenen und 7 Vermissten Flörsheimer wollte man ein Denkmal in Form einer Kapelle errichte. Ein gegründeter Bauausschuss mit örtlichen Persönlichkeiten machte sich 1919 ans Werk. Ende 1922 hatte man viel Geld in der Kasse und ein überlassenes Grundstück stand zur Verfügung. Dennoch sollten bis zum Richtfest (11.10.1925) und Einweihung (16.09.1928) Jahre vergehen, bis dass Bauwerk fertiggestellt wurde. Zunächst machte die Hyperinflation im Deutschen Reich 1923 alles Ersparte zu Nichte. Hierzu wurde ein Geldschein mit Flörsheimer Notgeld über 50 Milliarden Mark aus dem Jahr 1923 gezeigt. Dann machten Fehler beim Dachausbau und die Pleite der Flörsheimer Genossenschaftsbank den Initiatoren das Leben schwer. Unterstützung erfuhren sie durch Geld- und Sachspenden bei der Innenausstattung von Privatpersonen und Institutionen, sowie durch Materialspenden der Firmen Dyckerhoff, Graulich und Bonner Bergwerksgesellschaft.
Es ist ein wesentlicher Verdienst der Raabekazze e.V., dass die Kapelle heute dem ursprünglichen Abbild sehr nahe kommt. Dieser Verein hat sich in 1994 einem Aufruf des damaligen Pfarrers Rolf Kaifer nicht verschlossen und Verantwortung für die Dachsanierung übernommen. Ebenso im Jahr 2011 für die vollständige Innenrenovierung der Kapelle.
Mit einem musikalischen Beitrag ging die Führung in den Gedenkteil an die Gefallenen über. Hierbei wurde ein Feldbrief des in Russland gefallenen Soldaten Heinrich Möll an seine Eltern zu Ostern 1942 verlesen. Die Führung endete mit einem Gebet für die Opfer von Krieg, Terror und Gewalt – dem Frieden verpflichtet.
Mit dem Bau der Flörsheimer Warte wurde 1996 auch die Kapelle elektrizifiert. Seitdem läutet täglich die Glocke auf dem Dachreiter um 15:00 Uhr zur Sterbestunde Jesu. Auch die Glocke war seinerzeit eine Spende der Firma Höckel, die heute noch unter Höckel-Schneider Turmuhren und Geläutetechnik firmiert. Die Glockeninschrift lautet: „St. Jakobus heiß ich, die Helden beweine ich und zum Frieden mahne ich.“